Täglich versuchen derzeit Tausende Menschen, nach Europa zu gelangen, um hier Schutz zu finden. Sie wählen gefährliche Routen und haben oft keine andere Wahl, als die Dienste von Schleppern in Anspruch zu nehmen. Dass Schutzbedürftige ein derart hohes Risiko auf sich nehmen, um auf unseren Kontinent zu gelangen, zeigt, dass es praktisch keine legalen Einreisemöglichkeiten gibt. Dies ist für viele Bürger Europas kaum vorstellbar. Die Frage drängt sich auf: Welche gibt es überhaupt?
Für Schutzbedürftige sind die Chancen auf eine legale Einreise mittels einer Arbeitsbewilligung theoretisch möglich, jedoch minim. In der Regel stammen Schutzbedürftige aus Drittstaaten, die nicht zur EU oder zur EFTA gehören. Doch auf dem Schweizer Arbeitsmarkt haben einheimische Arbeitskräfte sowie solche aus den EU- und EFTA-Staaten Vorrang. Drittstaatsangehörige sind nur als spezialisierte oder qualifizierte Arbeitskräfte oder als Führungskräfte zugelassen. Nur wenige Schutzbedürftigen erfüllen diese Voraussetzungen.
Nur ein verschwindend kleiner Teil der schutzbedürftigen Personen können – beispielsweise als Touristinnen und Touristen oder als Geschäftsleute – mit einem Schengen-Visum (90 Tage Gültigkeit für den gesamten Schengen-Raum) legal in die Schweiz kommen. Visumsgesuche werden häufig abgelehnt, weil die Behörden vermuten, dass die Person den Schengen-Raum nach Ablauf der Gültigkeit des Visums nicht wieder verlässt und stattdessen zum Beispiel um Asyl nachsucht.
Schengen-Mitgliedstaaten können aber – u. a. aus humanitären Gründen – Visa ausstellen, welche nur für das eigene Hoheitsgebiet gültig sind. Die Schweiz bedient sich dieser sogenannten humanitären Visa auf verschiedene Arten. Einzelpersonen können bei einer Schweizer Vertretung im Ausland ein entsprechendes Gesuch stellen. Ein solches Visum kann jedoch nur erhalten, wer im Heimat- oder Herkunftsstaat «unmittelbar, ernsthaft und konkret an Leib und Leben gefährdet ist». Die betreffende Person muss sich also in einer besonderen Notsituation befinden, welche ein behördliches Eingreifen zwingend erforderlich macht. Hält sich die Person bereits in einem anderen Staat auf, geht die Schweiz davon aus, dass keine Gefährdung mehr besteht. In diesen Fällen wird ein humanitäres Visum in der Regel abgelehnt. Da es in Staaten wie etwa Syrien oder Eritrea, aus welchen besonders viele Schutzbedürftige stammen, meist gar keine Schweizer Vertretung (mehr) gibt, werden sehr viele Schutzbedürftige faktisch von dieser Möglichkeit ausgeschlossen. Dies spiegelt sich auch in der tiefen Zahl erteilter humanitärer Visa wider: 2014 hat die Schweiz insgesamt 83 humanitäre Visa erteilt, also etwa 7 Visa pro Monat.
Weitere legale Einreisemöglichkeiten, wie Familiennachzug, punktuelle Resettlement-Programme oder Visaerleichterungen, oder auch Visa zur Aufnahme eines Studiums, sind nur in sehr beschränktem Masse verfügbar und an enge Voraussetzungen gebunden.
Für Schutzbedürftige gibt es also nur sehr wenige legale Einreisemöglichkeiten in die Schweiz und nach Europa und sie werden äusserst restriktiv gehandhabt. Dieser Mangel zwingt Personen, die in Europa Schutz suchen wollen, dazu, auf irreguläre «Angebote» von Schleppern auszuweichen und gefährliche Routen einzuschlagen.
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