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  • Fabienne Bretscher

Der langwierige Weg zur Arbeitsstelle

Oft hört man das Argument, Schutzsuchende kämen ja sowieso nur in die Schweiz, um vom Geld der Steuerzahler zu profitieren. „Ich sehe diese Flüchtlinge ja nur herumsitzen“, so die Begründung. In der Tat sind viele geflüchtete Menschen arbeitslos. Dies liegt jedoch in den meisten Fällen nicht daran, dass sie nicht arbeiten wollen, sondern dass Schutzsuchende nur sehr schwer Arbeit finden. Obwohl eine Arbeitsstelle bedeutend zur gesellschaftlichen Integration beitragen würde, wird dieses Potenzial nicht ausgeschöpft.


Gemäss einer vom Bund in Auftrag gegebenen Studie beeinflussen das Herkunftsland, das Alter, die Sprache, das soziale Netzwerk sowie die Anerkennung der im Herkunftsland absolvierten Ausbildung die Chancen von geflüchteten Menschen auf dem Arbeitsmarkt massgebend. Ohne Unterstützung durch private Kontakte, Gemeinden oder Organisationen der Zivilgesellschaft, ist es für Schutzsuchende sehr schwierig, eine Arbeitsstelle zu finden. Wichtig sind dabei Beratungsstellen, sowie auch spezielle Arbeitsintegrationsprogramme für die Betroffenen, zum Beispiel eigens geschaffene Ausbildungen, welche es Geflüchteten ermöglichen, hier anerkannte Berufserfahrungen zu sammeln. Letztere sind heute jedoch vielfach nur anerkannten Flüchtlingen zugänglich; Asylsuchende und auch vorläufig Aufgenommene, welche sich häufig ein Leben lang in der Schweiz aufhalten, sind oft ausgeschlossen.


Das Bedürfnis nach speziellen Massnahmen, um die Integration geflüchteter Menschen in die Arbeitswelt zu fördern, scheint jedoch langsam erkannt zu werden. Im Gespräch war in letzter Zeit insbesondere die sogenannte Flüchtlingslehre, ein Pilotprojekt des Bundes, welches auf Erfahrungen in verschiedenen Kantonen aufbaut und das Angebot an Ausbildungsplätzen erweitern soll. Leider ist es jedoch immer noch schwierig, Arbeitgebende zu finden, welche bereit sind, Schutzsuchende einzustellen. Es müsste deshalb auch dort angesetzt werden, indem Arbeitgebende über die verschiedenen Bewilligungsarten, ausländische Ausbildungen sowie Sprachkenntnisse von Geflüchteten aufgeklärt werden. Wichtig ist dabei, dass die Einstellung geflüchteter Menschen nicht als karitative Geste, sondern als wertvoller Beitrag für Unternehmen verstanden wird und entsprechend Vertrauen in die Fähigkeiten dieser neuen Angestellten herrscht.


Wie Bundesrätin Simonetta Sommaruga in ihrer Rede anlässlich des Asylsymposiums zu Beginn dieses Jahres betonte, ist es wichtig, die Hürden beim Arbeitsmarktzugang von Schutzsuchenden abzubauen. Dies betrifft insbesondere die auf die verschiedenen Aufenthaltskategorien anwendbaren Regelungen, welche die Chancen, eine Arbeitsstelle zu finden, gemäss der erwähnten Studie wesentlich beeinflussen. Asylsuchende, über deren Gesuch noch nicht entschieden wurde (mit einem sog. N-Ausweis), können frühestens nach drei Monaten eine Arbeitsbewilligung beantragen, wobei jedoch für die Stelle geeignete Personen mit Schweizer Pass oder einer Aufenthaltsbewilligung Vorrang haben. Auch Personen, welche zwar nicht als Flüchtlinge anerkannt, aber vorläufig aufgenommen werden (z.B. Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien; sog. F-Bewilligung), benötigen für den Antritt einer Stelle eine Bewilligung, welche vom Ermessen des Kantons abhängig ist. Sowohl Personen mit N-, als auch jene mit F-Ausweis müssen zudem – je nach Status – während einer gewissen Zeit eine Sondersteuer von zehn Prozent des Lohnes bezahlen. Diese Bedingungen führen bei Arbeitgebenden oft zu mehr Unsicherheiten als bei anerkannten Flüchtlingen, welchen Asyl und somit ein gefestigtes Aufenthaltsrecht gewährt wurde (sog. B-Bewilligung). Mit der geplanten Abschaffung administrativer Hürden wie der Sondersteuer und der Arbeitsbewilligungspflicht würde der Bund deshalb einen wichtigen Schritt in Richtung der Ausschöpfung des momentan zu einem grossen Teil brachliegenden Arbeitspotenzials von Geflüchteten machen.


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